Maria, Mittlerin der Gnaden (lateinisch Mediatrix gratiarum), auch Mittlerin aller Gnaden oder Maria mediatrix, ist ein innerhalb der römisch-katholischen Kirche verwendetes Attribut oder eine Anrufung der Maria, der Mutter Jesu.
Bedeutung
Das Zweite Vatikanische Konzil bezeichnet in der dogmatischen Konstitution Lumen gentium Maria als Mittlerin: „In ihrer mütterlichen Liebe trägt sie Sorge für die Brüder ihres Sohnes, die noch auf der Pilgerschaft sind und in Gefahren und Bedrängnissen weilen, bis sie zur seligen Heimat gelangen. Deshalb wird die selige Jungfrau in der Kirche unter dem Attribut der Fürsprecherin, der Helferin, des Beistandes und der Mittlerin angerufen. Das aber ist so zu verstehen, dass es der Würde und Wirksamkeit Christi, des einzigen Mittlers, nichts abträgt und nichts hinzufügt (Absatz Nummer 62)“ und bezieht sich hinsichtlich des Attributs „Mittlerin“ dabei auf Dokumente der Päpste Leo XIII., Pius X., Pius XI. und Pius XII.
In der katholischen Kirche gab es verschiedentlich Appelle an den Heiligen Stuhl, die Mittlerschaft Mariens als Dogma zu verkünden, so anlässlich des Zweiten Vatikanums, unter anderem von Alfonso Sánchez Tinoco, Bischof von Papantla. Dies wurde abgelehnt, veranlasste aber Papst Paul VI., den alten marianischen Ehrentitel Mariens Mutter der Kirche neu ins Bewusstsein zu rufen.
Ebenso gab es immer den Wunsch, Maria als der Mutter Gottes und Mittlerin die Bezeichnung Miterlöserin zukommen lassen zu wollen, bis hin zu der Bitte, dies dogmatisch klarzustellen bzw. ein neues Dogma zu verkünden. Eine gegenteilige Position vertritt etwa Stefano de Fiores von der Internationalen Päpstlichen Marianischen Akademie. Der Wunsch nach einer dogmatischen Präzisierung sei vom Heiligen Stuhl, zumal ohne Einbeziehung der Orthodoxen, als für derzeit nicht ratsam befunden worden. Es müsse zudem ganz klar sein, dass es um eine „Teilnahme, eine Abhängigkeit bei der Erlösung“ gehe, nicht um eine Gleichstellung mit Christus.
Als biblische Grundlage aller Aussagen über Marias Mitwirkung beim Erlösungsgeschehen wird in Lumen Gentium (Nr. 56) ihr fiat („[mir] geschehe“, Lk 1,38 ) genannt, mit dem sie als erste von allen Menschen ihre freie Einwilligung in den Heilsplan Gottes gab.
Literatur
- Ludwig Ott: Grundriss der Katholischen Dogmatik, 10. Auflage, Herder: Freiburg 1981 (1. A. 1952) S. 257. ISBN 3-451-13541-8
- Gloria Falcão Dodd: The Virgin Mary, Mediatrix of All Graces: History and Theology of the Movement for a Dogmatic Definition from 1896–1964, Academy of the Immaculate, 2012
- Erwin Panofsky: „Imago Pietatis“. Ein Beitrag zur Typengeschichte des „Schmerzensmanns“ und der „Maria Mediatrix“. In: Festschrift für Max J. Friedländer zum 60. Geburtstage. Seemann, Leipzig 1927, S. 261–308.
Quellen




