Der schwere Schienenpanzer, oder auch schwerer Schienenpanzerspähwagen (kurz: s. SP.) war eine bewaffnete und gepanzerte Draisine der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg.

Geschichte

Durch ständige Angriffe von Partisanen auf Eisenbahnstrecken sah sich die Wehrmacht gezwungen, diese wichtigen Verkehrsrouten zu sichern. Da die Gleise durch Angriffe stark in Mitleidenschaft gezogen wurden und die großen Panzerzüge an der Kriegsfront gebraucht wurden, entschied man sich für kleinere Panzerdraisinen. Diese konnten allein oder im Verbund operieren und waren leichter, wodurch sie auch beschädigte Gleise befahren konnten. Eine dieser im Verbund eingesetzten Panzerdraisinen war der von Steyr Daimler Puch entwickelte schwere Schienenpanzer.

Produktion

Am 3. August 1943 orderte das Oberkommando des Heeres bei der Firma Steyr Daimler Puch 100 schwere Schienenpanzer. Am 24. November 1943 erhielt die Firma einen neuen Auftrag über weitere 100 Stück. Hierbei rechnete man mit einer ebenso schnellen Fertigung der Fahrzeuge wie bei der Panzerdraisine Steyr K 2670, dem leichten Schienenpanzer.

Technische Daten

Als Fahrgestell wurde das Gleiche wie bei der Panzerdraisine Steyr K 2670 genutzt. Auch der Motor war identisch, verfügte aber über ein Flüssigkeitsgetriebe. Dies war ein von links im Wagen montierter, luftgekühlter 3,5-l-V8-Steyr und lieferte 70 PS. Damit erreichte der schwere Schienenpanzer eine Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h. Die Luftzuführung erfolgte auf einer Seite und einer Stirnseite des Wagens. An der Seite befanden sich sieben runde Öffnungen, welche durch gepanzerte, runde Abdeckungen geschützt wurden. An einer Stirnseite befanden drei identische Öffnungen, welche ebenfalls geschützt waren.

Auf das Fahrgestell wurde ein gepanzerter Kasten mit einer Stärke von 20 mm aufgesetzt. Zusammen mit dem Panzerkasten hatte der Wagen eine Länge von 6,25 m. Alle Wagen waren vorn und hinten mit abgefederten Puffern und normalen Hakenkupplungen versehen. Das Gewicht der Wagen wurde mit 18 t angegeben. Die weiteren Aufbauten im und auf dem Panzerkasten richteten sich nach dem Verwendungszweck des Fahrzeuges. So gab es:

  • Infanteriewagen mit einem achteckigen Beobachtungsturm
  • Pionierwagen mit einem achteckigen Beobachtungsturm (identisch zum Infanteriewagen)
  • Kommandowagen mit einem achteckigen Beobachtungsturm und einer Rahmenantenne
  • Artilleriewagen mit einem Panzerturm mit einer 7,5-cm-KwK 37
  • Flakwagen mit einer 2-cm-Flak-Vierling 38 oder einer 3,7-cm-Flak-Zwilling 43

Beim Prototypen Artilleriewagen wurde ein Geschützturm eines Panzerkampfwagen IV Ausführung F genutzt, während bei den Serienfahrzeugen der Geschützturm des Panzerkampfwagen III Ausführung N genutzt wurde.

Aufgrund des schweren Panzeraufbaus auf das Fahrgestell des leichten Schienenpanzers ergaben sich etliche Probleme. So stand der Aufbau vorn und hinten weit ab, da der Achstand nur 2,20 m betrug. So lag der Motor weit vor der Achse im Wagen und führte zu einer ungünstigen Gewichtsverteilung und schlechten Laufeigenschaften des Wagens allgemein. Auch war der Motor für den schweren Schienenpanzer zu schwach.

Besatzung

Gemäß dem Kriegsstärkenachweis 1170x (kurz: K. St. N. 1170x) wurden für den Panzerzug (s. Sp.) Besatzungslisten geschaffen.

Führungsgruppe

Die Führungsgruppe des Panzerzuges bestand aus zwei Offizieren, acht Unteroffizieren und neun Mannschaften, sowie einem Panzerspähwagen Panhard und einem schweren Schienenpanzer.

  • Kommandant
  • Kompanietrupp-Führer (Unteroffizier und zeitgleich Eisenbahnpionier)
  • Sanitätsoffizier
  • Sanitätsunteroffizier
  • Rangier- und Fahrmeister (Oberfeldwebel)
  • zwei Streckenbeobachter (Unteroffizier)
  • Kraftfahrer für schweren Schienenpanzer (Reichsbahn)
  • Funktrupp
    • Funktruppführer
    • fünf Funker (einer davon Mechaniker)
  • Panhard-Panzerspähwagen
    • Kommandant (Unteroffizier)
    • Richtschütze
    • Funker
    • zwei Kraftfahrer

Infanteriezug

Der Infanteriezug dieser Panzerzüge setzte sich aus einem Offizier, sechs Unteroffizieren und 41 Mannschaften in vier schweren Schienenpanzern zusammen.

  • Zugführer (Leutnant)
  • Zugtruppführer (Unteroffizier)
  • Melder
  • Granatwerfergruppe
    • zwei Unteroffiziere (Werferführer und ein Gruppenführer)
    • sechs Granatwerferschützen
  • 1. Maschinengewehrgruppe
    • Gruppenführer (Unteroffizier)
    • vier Maschinengewehrschützen
    • sechs Schützen
  • 2. Maschinengewehrgruppe
    • Gruppenführer (Unteroffizier)
    • vier Maschinengewehrschützen
    • sechs Schützen
  • Pioniergruppe
    • Gruppenführer (Unteroffizier)
    • zehn Pioniere
  • vier Kraftfahrer für schweren Schienenpanzer (Reichsbahn)

Artilleriezug

Der Artilleriezug des Panzerzuges bestand aus einem Offizier, zwölf Unteroffizieren und 38 Mannschaften, zwei schweren Schienenpanzern.

  • Zugführer (Leutnant)
  • zwei Richtunteroffiziere (einer Zugtruppführer, einer Beobachter)
  • Melder
  • zwei Fernsprechsoldaten
  • 1. Geschützbedienung
    • Geschützführer (Unteroffizier)
    • drei Kanoniere
  • 2. Geschützbedienung
    • Geschützführer (Unteroffizier)
    • drei Kanoniere
  • Granatwerfergruppe
    • zwei Unteroffiziere (Werferführer und ein Gruppenführer)
    • sechs Granatwerferschützen
  • Flak-Gruppe
    • zwei Geschützführer (Unteroffizier)
    • zwei Entfernungsmesser
    • zehn Kanoniere
  • sieben Kraftfahrer für schweren Schienenpanzer (Reichsbahn)
  • Panzergruppe für Panzerkampfwagen 38 (t)
    • zwei Kommandanten (Unteroffizier)
    • zwei Kraftfahrer (Unteroffizier)
    • zwei Richtschützen
    • zwei Funker

Troßzug

Der Troß eines Panzerzuges bestand aus einem Beamten, sechs Unteroffizieren und sieben Mannschaften.

  • Zahlmeister
  • Hauptfeldwebel (Kompaniefeldwebel)
  • Schreiber (Unteroffizier)
  • Waffenmeistergehilfe
  • Geräte-Unteroffizier
  • Feldkoch-Unteroffizier
  • zwei Kraftfahrer
  • Schumacher
  • Schneider
  • Instandsetzungstrupp
    • Unteroffizier für den Kraftfahrdienst
    • zwei Motorenschlosser

Der Troßzug bestand zudem aus mehreren Person- und Güterwagen verschiedener Bauart.

  • zwei Wagen für Offiziere (Personenwagen)
  • sechs Wohnwagen für Mannschaften (Personenwagen)
  • Waffen- und Werkstattwagen (Gedeckter Güterwagen)
  • Motorenwerkstattwagen (Gedeckter Güterwagen)
  • Munitionswagen (Gedeckter Güterwagen)
  • Verpflegungswagen (Gedeckter Güterwagen)
  • Bau- und Gerätewagen (Gedeckter Güterwagen)
  • Bekleidungswagen (Gedeckter Güterwagen)
  • Transportwagen für VW Typ 82 (Flachwagen)
  • Transportwagen für 2t Lastkraftwagen (Flachwagen)

Einsatz

Die schweren Schienenpanzer sollten im Verbund zusammenarbeiten. Dabei sollten 16 Panzerzüge mit je zwölf Wagen aufgestellt werden. Die Aufstellungsverfügung für die ersten zehn Panzerzüge (201 – 210) wurde am 24. September 1943 datiert. Bereits am 15. September 1939 gab es den ersten Kriegsstärkenachweis (K. St. N. 1170x) für den schweren Panzerzug (S. Sp.). Zwar konnten die Fahrzeuge selbstständig und allein genutzt werden, gemäß dem Waffenmerkblatt Nummer 14 war der Einsatz nur als geschlossener Panzerzug vorgesehen. Dabei sollte ein Panzerzug immer aus folgenden Fahrzeugen bestehen:

  • ein Wagen für den Kommandanten
  • zwei Wagen für den Zugtrupp (Infanteriezug, Artilleriezug)
  • zwei Infanteriewagen
  • ein Pionierwagen
  • vier Artilleriewagen
  • zwei Flakwagen

Zusätzlich sollten diese Panzerzüge, wie die Panzerzüge BP 42, über zwei Panzerträgerwagen mit Panzerkampfwagen 38(t) und als Aufklärungsfahrzeuge über einen Straßen- und Schienengängigen Panzerspähwagen P 204 (f) verfügen. Die Besatzung war mit vier Offizieren, 25 Unteroffizieren und 89 Mannschaften angegeben.

Nach der Inkraftsetzung der K. St. N. 1170x am 1. August 1944 wurden nur noch zwei statt vier Artilleriewagen angegeben. Ein anderer Entwurf der K. St. N. 1170x sah zwar weiterhin vier Artilleriewagen vor, doch dafür fielen ein Infanterie- und der Pionierwagen weg. Als dann im November 1944 der erste Panzerzug (s. Sp) an die Truppe ausgeliefert wurde, waren es nur acht Wagen. Diese setzten sich aus zwei Artilleriewagen, vier Infanterie- und Pionierwagen, sowie zwei Kommandowagen zusammen. Die mitgeführte Vierlings-Flak wurde auf Flachwagen installiert, die den Panzerträgerwagen an den Zugenden vorausliefen.

Aufgrund des späten Einsatzes und dem Mangel an Treibstoff, konnten die schweren Schienenpanzer nicht so eingesetzt werden, wie man es vorgesehen hatte. Um sich in Bewegung setzen zu können, musste eine ungepanzerte Dampflokomotive organisiert werden. Diese wurde in der Mitte zusammengekoppelt und damit unterschieden sich die schweren Schienenpanzer nicht mehr von herkömmlichen Panzerzügen.

Panzerzug 206

Der Panzerzug 206 wurde am 17. April 1944 aufgestellt und war 8. Mai 1945 einsatzbereit. Die Feldpostnummer der Panzerzuges war die 03410. Als der Panzerzug Einsatzbereit war, stand er in Milowitz bei der Panzerzug-Ersatzabteilung. Mit der Bekanntgabe der Kapitulation am gleichen Tag, rückten die Soldaten in Richtung Südwesten ab um in U. S. amerikanische Kriegsgefangenschaft zu gehen. Jedoch wurden alle entweder auf dem Weg aufgegriffen oder von den U. S. amerikanischen Truppen an die Sowjetischen Truppen übergeben. Dabei ließen sie etliche Fahrzeuge zurück, so auch den Panzerzug 206. Mit der Eroberung von Tschechischen Truppen, erbeuteten sie dieses Material.

  • Panzerzugkommandant
    • Oberleutnant Hans Feuerlein

Panzerzug 207

Der Panzerzug 207 war bei Kriegsende noch nicht fertiggestellt und kam nicht mehr zum Einsatz.

Panzerzug 208

Der Panzerzug 208 war bei Kriegsende noch nicht fertiggestellt und kam nicht mehr zum Einsatz.

Siehe auch

  • Deutsche Panzerzüge bis 1945

Literatur

  • Wolfgang Sawodny: Deutsche Panzerzüge von 1904–1945. Schiffer Publishing Ltd, 2010, ISBN 978-0-7643-3523-5 (englisch: German Armored Trains 1904-1945.). 

Einzelnachweise


Artilleriewagen s.SP (Schwerer Schienenpanzerspähzug) mit 7,5cm KwK 40 L/48

Attack ATT72313 Schwerer Schienenpanzer Artilleriewagen / 172

Schwerer Gustav Railway Gun vrogue.co

Artilleriewagen s.SP (Schwerer Schienenpanzerspähzug) mit 7,5cm KwK 40 L/48

Schwerer Schienenpanzerspähzug Hope Secret Weapon Wiki Fandom